Infobox

Chiralität

Warum sehen unsere beiden Hände gleich aus?

von Maya Gacond

Halte deine beiden Hände mal vor dich. Ob der Handrücken oder die Handfläche oben ist, spielt keine Rolle. Stelle dir nun eine imaginäre Spiegelachse zwischen deinen Händen vor: die Hände spiegeln sich! Genau das ist Chiralität.  

Chiralität bedeutet eine Art Spiegelung von zwei Objekten. Die Objekte sind so angeordnet, dass man sie nicht ohne Rotation oder Umkehrung exakt übereinanderlegen kann. Genau wie unsere Hände: Sie spiegeln sich gegenseitig, decken sich also nicht. 

Dieses Phänomen gibt es in verschiedenen Bereichen der Naturwissenschaften, so zum Beispiel auch in der Chemie. Dort sehen wir es an der Anordnung von verschiedenen Atomen, die chiral zueinanderstehen. 

Was hat es mit der Chiralität auf sich? Kann diese auch zu Problemen führen? Darüber habe ich mit Herrn Nigg, einem Chemielehrer des Literargymnasiums, gesprochen. 

Die Chiralität könne durchaus auch problematisch sein, meint Herr Nigg. Er beschreibt einen folgenreichen Fall in der Medizin, bei dem es um ein Medikament namens Contergan ging, das einst als Beruhigungs- und Schmerzmedikament auf den Markt kam. Doch es zeigte sich, dass die Verabreichung an Schwangere dazu führte, dass Fehlbildungen der Gliedmassen der Neugeborenen entstanden. Aber weshalb gab es diese Fehlbildungen? Und was hat Chiralität damit zu tun? Contergan ist ein Medikament, das jeweils eines von ursprünglich zwei Molekülen enthält. Die ursprünglichen Moleküle sind aber Isomere, das bedeutet, dass sie zwar dieselben Atome beinhalten, diese aber spiegelbildlich angeordnet sind. Sie gleichen sich wie wir unserem Spiegelbild, sind jedoch grundverschiedene Stoffe. Die Moleküle unterscheiden sich also dadurch, dass sie aus zwei »verkehrten« Teilchen bestehen, sie stehen chiral zueinander. (Siehe Bild) 

Dies führte zu einem gravierenden Problem. Denn eines dieser beiden Moleküle erfüllte wunderbar seinen Zweck als Medikament, während das andere zu schwerwiegenden Fehlbildungen an den ungeborenen Kindern führte. Und dadurch, dass man bei chemischen Reaktionen keinen Einfluss auf den Aufbau eines Moleküls hat, konnte man nicht bestimmen, welches der beiden Isomere man erhält. So kam es zu den schlimmen Fehlbildungen. 

Hierbei sieht man also, was Chiralität alles so bewirken kann. 


Maya Gacond ist Schülerin der Klasse 3i und Teil der Redaktion LGazette SJ 24/25. 
Illustration: Delia Schiltknecht